BUCHER SONETTE
DIE LUST ZU LEBEN
Die Lust zu leben schließt die Lust
Zu sterben mächtig in sich ein.
Wenn du mir hingehst, geht auch mein
Dawiderstehn wie deine flammend rote Brust
Den linken Weg des Fleischs, vorletzten Ends.
Wie schön sind deine Augen, dein Gebein!
Ich wurde, war, bin, bleibe dein
Mir und dir Nächster. Alle Reverenz
Den Greifern, Schneidern, Bett-, Betschwestern.
„Sweet Clementine…“ Wir nisten uns in Nestern
Aus Daunen ein. Begehren allerschönste Tage
Stärksten Gemeinseins, -sinnes. Keine Frage,
Daß du und ich vorm Tod gesunden.
Wir werden schon. Und schön. Mit unsren Schrunden.
7. – 12. September 1987
BUCHER SONETTE
EINSZWEIDREI
Robinie, Katze, Astern, Palmetten.
Himmel und Seele: azurblau synchron.
Hinter der Quarantänestation
Sprangen erstmals die eisernen Ketten…
Tagtäglich wächst in Krankenhausbetten
Wie diesen der Krebs der Resignation.
Wir widerliegen und -stehen dem schon,
Um Ewiges in die Jahre zu retten,
Die uns dreist winken. Der Mond –
Bestrahlt und betreten – schweiget;
Aus saueren Wiesen steiget
Bläßlich der Nebel. Nichts lohnt
Für uns sich so sehr wie die Klarheit
Verläßlich erfahrbarer Wahrheit.
20. September – 2. Oktober 1987